Fischerlatein

Fischer schildern Fang-Erlebnisse und beschreiben Angel-Erfahrungen oft nicht immer ganz wahrheitsgetreu. Dies bezeichnet man als Fischerlatein.

In vielen Wirtshäusern hängt der Spruch:
„Nur für Fischer, Jäger und andere Lügner!“ oder „Nie wird soviel gelogen wie vor der Hochzeit, während des Krieges, beim Fischen und nach der Jagd.“

einige Beispiele dazu:

  • Jeder kennt ja die Geschichte des Fischers, der seinen Fang beschreibt: «Sooo…», sagt er, und hält die gestreckten Zeigefinger etwa zwanzig Zentimeter auseinander. Als keine bewundernde Reaktion seines Publikums erfolgt, fährt er weiter: «..sooo weit hatte mein Hecht die Augen auseinander!»
  • Am Wirtstisch blagiert einer, er habe eine Bachforelle gefangen, über einen Meter. Der andere meint, das gibt es gar nicht, Bachforellen werden nicht so lang. Aber hört, was mir passiert ist: ich fische und ziehe eine Laterne ans Land, die hat noch gebrannt. Sagt der andere: das kann auch nicht stimmen, aber weisst du was, ich mache meine Forelle um die Hälfte kürzer und du stellst deine Laterne ab!
  • Biisset d’Fisch hüt? Fragt die alte Dame einen Jungfischer am Stadtweier. Nei, gar nöd, antwortetet dieser, me cha si ruhig striichle…
  • Dabei seien Fischer noch gar nichts im Vergleich zu den Übertreibungen der Jäger. Da gibt es doch die Erzählung über den Mann auf der Hochjagd, der unmittelbar nebeneinander zwei prächtige Gamsböcke weiden sah. Unglücklicherweise hatte er nur noch eine Patrone bei sich. Mit Schwung steckte er sein Jagdmesser tief ins Gras, legte sich so dahinter, dass er die Gämsen hinter dem Messer sah und schoss derart präzis auf die Klinge, dass die Kugel halbiert wurde und jede Kugelhälfte im gleichen Sekundenbruchteil eine Gämse niederstreckte. Nach unbestätigten Gerüchten war jedoch der Höhepunkt, dass ein fetter Murmel an der Klinge aufgespiesst war, als er sein Messer aus dem Gras zog!

Frevel und Streit

Wie wohl überall, wo verschiedene Fischenzen im gleichen Gewässer nebeneinander liegen, so ging es auch zwischen den Fischern von Schaffhausen, Diessenhofen und Stein ohne Frevel und Streit nicht ab. Die Fischereigrenzen wurden öfters nicht beachtet. So kam es zum Beispiel im Frühjahr 1494 zwischen Fischern von Stein, die im Diessenhofer Wasser fischten und den Fischern von Diessenhofen zu recht handgreiflichen Auseinandersetzungen, bei denen ein Diessenhofer hart geschlagen wurde. Der Steiner Fischer wurde zu einer Busse verurteilt, gab dem Urteil aber keine Folge. Der Streit kam sogar bis vor die eidgenössische Tagsatzung im Mai 1494, die dem Abt zu Stein als Lehensherrn befahl, dafür zu sorgen, dass die Busse bezahlt und die Diessenhofer Fischer ungestört in ihrem Fischereigebiet ihrem Beruf nachgehen können.

Ab 1609/10 sind endlich Urkunden und Akten vorhanden, wie die herrschaftlichen Lehensträger ihre Rechte auf die Diessenhofener Fischenz ausübten und nutzten. Dazu muss leider erwähnt werden, dass es im 17.Jahrhundert recht schlimm bestellt war mit der Ordnung und Disziplin in Bezug auf die Fischerei. Frevel war an der Tagesordnung. Damit wurde natürlich dem Fischbestand grosser Schaden zugefügt. Die verbotenen «Spisrüschen» wurden an viel zu vielen Orten eingesetzt. Barben wurden bei Tag und Nacht mit an den Netzen angehängten Ketten, Schellen, Steinen und andern «Anhenkinen» gelockt und getrieben. Bei den Bachmündungen wurde mit «Beren», Starberen» oder sogar «Linachen» gefischt und damit der dortige Fischlaich geschädigt oder vernichtet. Denselben Schaden verursachte das «Straiffen» und «Watten» in der Nähe der Ufer während der Laichzeiten. Auch das Angelsetzen geschah in einem Ausmass, das weit über den erlaubten Rahmen hinausging. Und endlich wurden von den Fischern auch die Fischenzgrenzen wenig oder gar nicht beachtet, was ab und zu recht handgreiflichen Auseinandersetzungen und Anlass zu Prozessen gab.